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Manfred Nowak erblickte 1958 als sechstes von sieben Kindern in Bad Segeberg (Schleswig Holstein) das Licht der Welt. Er wuchs im näheren Umkreis auf und lebt heute in Fahrenkrug, in der Nähe von Bad Segeberg. Nach seiner Maler- und Lackiererlehre 1977, arbeitete er noch Jahre in seinem Beruf weiter, bevor er zur Schriftstellerei fand.
Er hat sich hauptsächlich auf Abenteuer- und Fantasieromane spezialisiert. Auch Kurzgeschichten gehören zu seinem Repertoire.
Sein Buch "Geschichten aus dem Schattenreich" ist ab sofort im Shop erhältlich.
DER LISTIGE WURM
von Manfred Nowak
Es war einmal ein Vogel, der wollte einen Wurm fressen. Doch dieser wehrte sich vehement dagegen und machte dem Vogel einen denkwürdigen Vorschlag, um noch einmal mit heiler Haut davonzukommen. Der Vogel überlegte kurz und meinte dann: „Was willst du mir denn schon für einen Vorschlag machen, damit ich dich nicht fresse?“
Der Wurm aber war listig und meinte: „Ich habe eine viel bessere Idee, wie du an etwas viel Schmackhafteres kommen kannst, als an einen alten, dürren Wurm.“
„Na, da bin ich aber gespannt“, sagte der Vogel und ließ den Wurm vor sich auf den Boden fallen.
Der Wurm röchelte paar Mal und suchte er nach einer Ausrede. „Weißt du“, sagte der Wurm vorsichtig: „Wenn ich du wäre, dann würde ich lieber auf Würmer verzichten und mich nach anderem Ungeziefer umsehen!“
„Warum sollte ich das tun?“, krächzte der Vogel erstaunt. Der Wurm jedoch wusste so schnell keine Antwort, und druckste ein wenig herum. „Na“, meinte er nach einer Weile des angestrengten Nachdenkens. „Weil Würmer zur Zeit ungesund sind - weiß doch jeder“, schob er schnell nach.
„Wieso sollen Würmer denn plötzlich ungesund sein? Ich glaube, du versuchst nur krampfhaft deine Haut zu retten. Vielleicht sollte ich dich doch lieber auf der Stelle fressen, bevor du mich noch davon abbringst.“
„Nein, warte, lieber Vogel, friss mich bitte nicht! Ich will dir erklären, weshalb Würmer im Moment ungesund sind.“
„Na, da bin ich aber mal gespannt, was für eine Ausrede du diesmal hast.“ Neugierig schaute der Vogel auf den Wurm herab.
„Keine Ausrede, Vogel. Die reine Wahrheit werde ich dir erzählen, kannst mir ruhig glauben!“
„Dann fang mal an, bevor ich’s mir doch noch anders überlege! Denn mein Appetit wird immer größer.“
Der Wurm schlotterte am ganzen Körper, da er nicht wusste, was er seinem Gegner erzählen sollte. Der Vogel wurde ungeduldig; er ahnte bereits, dass der Wurm nur um sein nacktes Dasein kämpfte.
„Was ist nun, Wurm?“, forderte er ihn ein zweites Mal auf, endlich seine Geschichte zu erzählen.
Plötzlich hatte der Wurm die Lösung gefunden. Mit überheblicher Mine begann er: „Weißt du, lieber Vogel; wenn du mich oder einen anderen meiner Art fressen solltest, wird dich eines Tages der Wurm aller Würmer töten.“
„Der Wurm aller Würmer?“, wiederholte der Vogel lachend. „Und wie soll das bitteschön gehen?“
„Glaubst mir wohl nicht, was? Aber wirst schon sehen. Du währest nicht der erste Vogel, der mit dem Wurm aller Würmer Bekanntschaft machen würde. Ich habe einmal gesehen, wie der Wurm aller Würmer über einen Vogel hergefallen ist, so riesig ist er. Ich kann dir sagen, das war kein schöner Anblick. Er hat ihn mit einem einzigen Biss getötet und heruntergewürgt.“
„Und das soll ich dir jetzt abnehmen -- Wurm? Ich glaube dir nicht ein einziges Wort, von dem, was du mir da aufgetischt hast.“
„Glaub es oder glaub es nicht, Vogel, aber ich weiß was ich gesehen habe! Und in der letzten Zeit, muss ich sagen, häufen sich diese Zwischenfälle. Es sollen in der letzten Woche schon elf Vögel auf diese tragische Weise ihr Leben verloren haben.“
Der Vogel wurde nachdenklich – ihm wurde unbehaglich zu Mute, als er den Wurm so reden hörte.
„Wo, wo kommt dieser Wurm aller Würmer, wie du ihn nennst, überhaupt her?“
„Keine Ahnung“, meinte der Wurm und freute sich, dass sein Konzept aufzugehen schien, „aber man sagt, er sei von weit her gekommen, um sich an allen Vögeln zu rächen, da sie seine ganze Familie gefressen hätten.“
Da bekam der Vogel es richtig mit der Angst zu tun und meinte: „Weißt du was, Wurm, ich habe überhaupt kein Appetit mehr. Mir ist vom vielen Reden der Hunger vergangen, also werde ich dich heute noch einmal verschonen. Aber glaube ja nicht, dass ich es mit der Angst zu tun bekommen habe, nur weil du mir diese Geschichte mit dem Wurm aller Würmer aufgetischt hast. Beim nächsten Wiedersehen werde ich dich nicht mehr verschonen.“
Als der Vogel nun ängstlich davonflog, lachte der kleine Wurm in sich hinein, da er sicher war, seinen Feind überlistet zu haben.
Er hätte sich vielleicht nicht so früh berauschen sollen. Denn als er sich gerade über seinen Triumph freute und sich wieder ins Erdreich zurückziehen wollte, kam ein weiterer Vogel herbei geflogen und schnappte ihn in sekundenschnelle.
Und die Moral von der Geschichte: Niemand ist so schlau, dass es nicht noch einen Schlaueren gäbe.
ENDE
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